BVfK - Wochenendticker 13. Januar 2018

 aktuell - anspruchsvoll - authentisch

  *** exklusiv für BVfK-Mitglieder ***

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"...Ich konnte die an den Tag gelegte Provitgier bei meinem letzten Besuch förmlich riechen..."

 

Verantwortung faktisch bis zum letzten Hosenknopf - im Gegenzug die unternehmerische Freiheit.

 

Wie schön, dass man Stellen findet, wo Gewinne nicht in den Geruch des Unanständigen kommen.

 

ZDK befürchtet durch Online-Preisbewertung faktische Preiserhöhung für Händler.

 

Dieter Nuhr zum Geschäftsmodell der Deutschen Umwelthilfe.

 

Helmut Becker: Der Diesel erlebt 2018 eine Renaissance.

 

Unternehmerische Unfreiheit / unternehmerische Freiheit.

 

BVfK-Digital:

 

BVfK-Ankaufplattform: Fahrzeugbegutachtung mit digitaler BVfK-Checkliste.

 

Neues aus der Rechtsabteilung:

 

Gekaufte Google-Bewertung - BVfK ermittelt gegen aggressive Werbemethoden.

 

Fabrikneu, neu oder gebraucht? - Der feine Unterschied!

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Sehr geehrte BVfK-Mitglieder,

der Fahrradhändler im Dorf hat just mit Anfang Fünfzig dicht gemacht. Es lohnte sich nicht mehr, da er gegen die zwei große Discounter in der Region mit größerem Angebot und besseren Preisen nicht mehr konkurrenzfähig war.

Das ist 40 Jahre nach dem Verschwinden der Tante-Emma-Läden und 30 Jahre nach dem Tankstellensterben keine Sensationsmeldung, doch bei genauerer Betrachtung findet sich ein Bezug zu den großen Sorgen, die wir uns seit längerem rund um das Kfz-Internet machen, denn unser manchmal wortkarge Fahrradhändler, der die Drahtesel seiner Kunden gerne Michael-Jackson-beschwingt reparierte, wurde schließlich auch noch mit besserwisserischen Google Kommentaren konfrontiert:

„... Ich möchte Sie auf einige erhebliche Misstände aufmerksam machen, bedauerlicherweise musste ich bereits mehrfach äußerst schlechte Erfahrungen mit dem Unternehmen machen. Zur eventuellen Verbesserung habe Ich diese präzise recharchiert und Ihnen hier stichwortartig dokumentiert.

- Die preise sind Vollkommen unverhältnismässig hoch ( ein Bsp. Reifenwechsel hinten, Schwalbeschlauch u. Mantel ca. 38 euro) Den gleichen Leistungsumfang habe Ich bei ….. 10 Euro günstiger erhalten (28 euro)

-Das Service-Verhalten lässt zu wünschen übrig; Herr G. war nicht in der Lage meiner Nachbarin (92) den Reifen ohne eine Wartezeit von 20 Minuten aufzufüllen , gleichwohl diese Ihn für eine geringe Menge Luft mit 5 euro fürstlich entlohnt hat.

-Er waren bei all meinen Besuchen stes unfreundlich , dies trifft ebenfalls auf seine Ehefrau zu.

-Ich konnte die an den Tag gelegte Provitgier bei meinem letzten Besuch förmlich riechen, bei dem Herr G. und seine dadurch angesteckte Frau um mich herumschlichen, nachdem Ich mich nach einem Elektro Fahrrad erkundigt habe.

Meinen Bekannten und Freunden konnte ich leider nur das Schlechteste über das Geschäft berichten, die Tatsache das es sich bei dem Fachgeschäft um ein Traditionshaus handelt, das meiner Meinung nach keine Zukunft mehr haben wird, macht mich wirklich traurig: Doch der schlechte Service überwiegt. Ich kann allen Personen von einem Besuch nur entschieden abraten.

Sollte sich die Geschäftphilosophie nicht schnellst möglich ändern wird das Geschäft meiner Meinung nach keine Zukunft haben. Es tut mir ausserordentlich Leid das schreiben zu müssen, doch ich stehe auf der Seite des Kunden und möchte auch dem Fahrradgeschäft … hiermit behilflich sein, damit der Service einmal verbessert wird...“ (Quelle: Google-Rezensionen)

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Wahrnehmungen sind größtenteils richtig, die Rechtschreibung größtenteils ebenso falsch, wie auch die Schlussfolgerungen. Da hat wieder mal jemand keine Ahnung von dem, was einen richtigen Unternehmer ausmacht. Hierzu zählen Verantwortung faktisch bis zum letzten Hosenknopf und im Gegenzug die unternehmerische Freiheit – jedenfalls idealerweise. Unser Google-Schlaumeier meint, sein durch Verbraucherideologien geprägtes Unternehmerbild müsse auch dem letzten Fahrradhändler, selbst wenn dieser mit seiner speziellen Handschrift drei Jahrzehnte erfolgreich am Markt war, gewaltsam übergestülpt werden.

Das, verehrte BVfK-Mitglieder ist Gleichmacherei, die zur Planwirtschaft führt - und ist die nicht in Form des Sozialismus grandios gescheitert? Doch der Spuk scheint nicht vorbei zu sein, denn das Bedürfnis nach paradiesähnlicher Gerechtigkeit wohnt immer noch in vielen, insbesondere dann, wenn es dem anderen bessergeht.

Entweder mir geht es genauso gut wie dem Nachbarn, sonst soll es ihm bitte genauso schlecht gehen, wie mir. Außerdem will ich maximal so viel zahlen, dass der Händler ja keine Gewinne macht - ich könnte das Gefühl nicht ertragen, dass dieser mit einem zufriedenen Lächeln hinter mir herschaut, wenn ich seinen Laden verlasse.

Damit kommen wir zu den Bewertungssystemen. Die Aufregung über die Händlerbewertungen scheint sich gelegt zu haben, seitdem es bei den großen Börsen nur noch gute und sehr gute Händler gibt, außer denjenigen, die ihr Bewertungsmanagement, so wie unser Fahrradhändler, nicht im Griff haben.

Wird sich die Situation bei den Preisbewertungen ähnlich entwickeln? Gute und sehr gute Preise bei denjenigen, die den Algorithmus durchschaut und ihre Angaben entsprechend optimiert haben - möglicherweise noch in Verbindung mit einem kostenpflichtigen Zusatzpaket?

Am Ende kommt es darauf an, dass alle, von Verbrauchern über Händler bis zu Internetmarktplätzen zufrieden sind! Übrigens auch das Finanzamt und das verlangt bemerkenswerterweise im Zusammenhang mit Auszahlung oder Anrechnung von Vorsteuer eine Gewinnerzielungsabsicht - wie schön, dass man Stellen findet, wo Gewinne nicht in den Geruch des Unanständigen kommen.

Zusammengefasst: Nichts beschäftigt uns beim BVfK so sehr, wie die Entwicklung des Kfz-Internet. Die Preisbewertungssysteme sind derzeit die Spitze des Eisbergs – oder vielleicht besser die Krönung der Unverschämtheiten? Den Börsenverantwortlichen kann man zugutehalten: Zuerst wissen sie nicht was sie tun und dann können sie vermutlich nicht mehr anders - solange man es ihnen nicht verbietet.

Was daraus folgt, bleibt abzuwarten und hängt viel von der richtigen Erkenntnis der Gesamtsituation, wie auch der Bereitschaft jedes Einzelnen ab, nicht zu resignieren, sondern sich zu engagieren.

Das Engagieren zählt zu den Pflichten Ihres BVfK - auch beim Thema Preisbewertungen. Leider geht nicht alles auf Knopfdruck doch Sie werden feststellen, es bewegt sich auch hier etwas in die richtige Richtung und die heißt immer:

"Alles Gute für Ihren Autohandel!"

Ihr

Ansgar Klein
Geschäftsführender Vorstand
Bundesverband freier Kfz-Händler BVfK e.V.

 

Feedback immer gerne direkt an: vorstand@bvfk.de

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ZDK befürchtet durch Online-Preisbewertung faktische Preiserhöhung für Händler

ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann: „…In der Händlerschaft macht sich seit einiger Zeit der Verdacht breit, dass mit höherpreisigen Leistungen die Preisbewertungen positiver ausfallen. Der Eindruck der Händler scheint wohl zutreffend zu sein…“

Link zur Quelle: >>> Kfz-Betrieb: ZDK befürchtet durch Preisbewertung faktische Preiserhöhung für Händler

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Dieter Nuhr zum Geschäftsmodell der Deutschen Umwelthilfe:

„… Die deutsche Umwelthilfe hat das Jahr 2017 bestimmt, wie keine zweite Organisation. Ein winziger Verein, keine 300 Mitglieder, aber 90 bezahlte Mitarbeiter, Millionenumsatz jedes Jahr, ein wirklich effektives Unternehmen, was von Abmahnungen und Spenden lebt…“

>>> Jahresrückblick | NUHR im Ersten - Der Satiregipfel Video | ARD Mediathek (DUH: von Min. 3:50 – 7:50)

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Helmut Becker: Der Diesel erlebt 2018 eine Renaissance.

In einem Interview mit dem Nachrichtensender ,,ntv" warf Helmut Becker, ehemaliger Chefvolkswirt von BMW, kürzlich einen Blick in die Autozukunft. ,,Der Diesel erlebt 2018 eine Renaissance", prophezeite der Saarländer und stellte fest: ,,Die negativ geführte Diesel-Debatte ist ein rein innerdeutsches Problem. Die Chinesen kümmert das Thema nicht, in Japan befindet sich der Diesel sogar im Aufwind. Das gleiche Bild zeichnet sich in Südeuropa ab…"  Hier geht´s weiter: >>> Unternehmen Heute - Diesel-Kommentar: Was gilt der Prophet im eigenen Land?

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Unternehmerische Unfreiheit:

Fiat Chrysler hat zahlreichen deutschen Vertriebspartnern kurz vor dem Jahreswechsel insgesamt rund 600 Neuwagen verschiedener FCA-Fabrikate zugebucht. Einem Händler jedoch ohne jegliche Absprache zum Teil mehrere Dutzend unbestellte Fahrzeuge in Rechnung zu stellen und einzubuchen, bezeichnete ein Partner auf Anfrage als „Frechheit“.  Quelle: Kfz-Betrieb: FCA bucht Händlern ungefragt Fahrzeuge zu

Unternehmerische Freiheit:  

„…Handel von Fahrzeugen mit hoher Laufleistung, Unfallschäden sowie technischen und optischen Mängeln (Motor- Getriebe- Hagelschäden usw.). Verkauf nur an Händler, Export oder gewerbliche Kunden unter Ausschluß von Sachmangelhaftung, Gewährleistung und ohne jede Garantie!...“  Quelle: https://home.mobile.de/JUNGBLUTH#about

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BVfK-Digital

 

BVfK - Ankaufplattform: Fahrzeugbegutachtung mit digitaler BVfK-Checkliste.

Haben Sie erst einmal Interesse an einem Fahrzeug bekundet, kommen Sie schnell und automatisiert über die BVfK-Ankaufsplattform an die Kontaktdaten des Fahrzeuganbieters. Ist der Anbieter des Fahrzeugs Ihrer Vorauswahl erst einmal auf dem Hof, beginnt die Routine. Sie schauen sich den Wagen an und entscheiden, ob Sie den Wagen vorrangig für sich selbst kaufen.

Was aber, wenn es dann doch nicht so ganz passt? 

Nehmen Sie Ihr Tablet oder Smartphone, rufen dort im Fahrzeuginserat die Gutachtenfunktion auf und schauen Sie sich den Wagen an. Tragen Sie Ihre Ergebnisse in die digitale BVfK-Checkliste (bekannt aus unseren Vertragsformularen) ein, geben Ihre Bewertungen ab und machen noch ein paar Fotos - fertig.

Im Unterschied zu jenen Fahrzeugen, die Sie sich ansehen und nicht kaufen, haben Sie hier die Möglichkeit, sich Ihre Arbeit durch den Verkauf der Checkliste vergüten zu lassen. Denn kauft der nächste, an diesem Fahrzeug interessierte Händler, Ihre Begutachtungsergebnisse, spart dieser sich Arbeit und Sie erhalten so automatisch Ihren Aufwand vergütet. Sprich: Sie verkaufen Ihre Checkliste über die Plattform an den Nächsten. 

Es lohnt sich dabei zu sein. 

Übrigens...

Wer noch Interesse hat, an der Beta-Phase teilzunehmen, kann sich gern mit mir in Verbindung setzten.

Ihr Marcel Manthey

Kontakt: m.manthey@bvfk.de

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Gekaufte Google-Bewertung - 

BVfK ermittelt gegen aggressive Werbemethoden 

 

Vermehrt wurde der BVfK aus dem Mitgliederkreis jüngst darauf aufmerksam gemacht, dass findige Anbieter gezielt an Fahrzeughändler herantreten, um diese zum Kauf von gefälschten 5-Sterne-Bewertungen bei Google zu bewegen. So heißt es in einem uns vorliegenden Schreiben u.a.:

 „Wir sorgen mit unseren positiven Bewertungen für Sie dafür, dass Ihr Autohaus im Ranking der Google-Suche wieder bessere Plätze belegt!“ 

Im weiteren Text werden die Händler mit einer kostenlosen und unverbindlichen Probebewertungen geködert, welche nach der Intention des Anbieters möglichst viele kostenpflichtige Folgeaufträge nach sich ziehen sollen.

Die Internetseite des Anbieters offenbart, dass dieser ausschließlich als Vermittler tätig sein will und sich der tatsächliche Firmensitz aufgrund potentieller rechtlicher Verstöße im Ausland befinde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Vielzahl der Ungereimtheiten und die nach erster rechtlicher Einschätzung vorliegenden Wettbewerbsverstöße veranlassen den BVfK dazu, umfangreiche Nachforschungen über derartige Geschäftsgebaren und die dahinter stehenden Unternehmen anzustellen und den Sumpf der offenen Fragen zu durchqueren. Über das Ergebnis der Ermittlungen werden wir zeitnah berichten und zwischenzeitlich die Strategie der Rechtsverfolgung festlegen. 

Gleichzeitig möchte die BVfK-Rechtsabteilung gerne die Gelegenheit nutzen, zwei Aspekten in diesem Zusammenhang  besondere Aufmerksamkeit zu widmen: Der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit gekaufter Online-Bewertungen und den Möglichkeiten, Anbietern von „Fake-Bewertungen“ die Versendung derartiger Werbebotschaften zu untersagen.

Hinsichtlich Ersterem gilt es wie so oft, die Gesamtumstände im Einzelfall entsprechend zu würdigen. Äußerst kritisch zu sehen ist allerdings – und dies hat das LG München mit Urteil vom 18.03.2015 (Az. 37 O 19570/14) bestätigt - die Suggestion gegenüber dem Verbraucher, das weiter oben im Ranking platzierte Unternehmen verfüge auch über die besten realen Bewertungen. Hinzu kommt, dass gemäß § 5a Abs. 6 UWG unlauter handelt, „wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt“ und dies dazu geeignet ist, den Verbraucher zu einer von ihm nicht gewollten Entscheidung zu bewegen.

Daraus folgt die Unzulässigkeit solcher Bewertungen, die nicht im Wege eines objektiven Verfahrens abgegeben worden sind, jedenfalls, wenn dies nicht gesondert als Werbeanzeige gekennzeichnet wurde. Darüber hinaus lohnt ein Blick in die Richtlinien von Google, die positive Bewertungen unter Vortäuschung der Identität des Bewertenden ebenfalls untersagen. So kann es passieren, dass das teuer bezahlte Lob kurze Zeit später wieder verbannt wird. Dass von gekauften Bewertungen tunlichst Abstand genommen werden sollte, dürfte also auf der Hand liegen.

Und wie kann ich mich gegen die ungewollte Werbung wehren? Hier helfen sowohl § 7 UWG, als auch die  §§ 823, 1004 BGB weiter und lösen Unterlassungsansprüche gegen den Absender ungewollter Werbung aus.

Zum einen ist von einer unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 7 UWG in den Fällen auszugehen, in denen die Identität des Absenders nicht eindeutig oder gar nicht erkennbar ist, wie es bei den uns bekannten E-Mails mitunter vorkam. Darüber hinaus stellt die Versendung unerwünschter E-Mails an einen Unternehmer in der Regel auch einen Eingriff in den Gewerbebetrieb dar, der weitreichende Unterlassungsansprüche auslöst.

Hinweis der BVfK-Rechtsabteilung

Bei Aufkommen eines Verdachts auf gefälschte Internetbewertungen sollte der Portalbetreiber hierauf aufmerksam gemacht werden, denn die meisten Richtlinien derjenigen Portalbetreiber, die Unternehmensbewertungen zulassen, sehen die Unzulässigkeit solcher Bewertungen vor.

Auch die Rechtslage hinsichtlich der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen dürfte eindeutig zu Gunsten der betroffenen Empfänger von Werbenachrichten sprechen. Diese sollten den Absender dringend darauf hinweisen, dass der Empfang weiterer Werbung nicht gewünscht ist, oder entsprechende Unterlassungsansprüche direkt geltend machen. Hierbei ist die BVfK-Rechtsabteilung selbstverständlich gerne behilflich.

Matthias Giebler

BVfK-Rechtsabteilung


Fabrikneu, neu oder gebraucht? - Der feine Unterschied

Die juristische Sprachregelung zum Neuwagenbegriff ist uneinheitlich. Es existieren mehrere nebeneinander gültige Definitionen, je nach Rechtsgebiet. So kann beispielsweise ein Fahrzeug, das aus steuerrechtlicher Sicht noch als Neufahrzeug gilt, kaufrechtlich längst ein Gebrauchtwagen sein. Wieder andere Voraussetzungen an die Neuwageneigenschaft stellt etwa die Pkw-EnVKV. Dies verunsichert nicht nur den Verbraucher, dem nur schwer zu vermitteln ist, dass die juristischen Definitionen mit dem allgemeinen Verständnis von einem Neufahrzeug manchmal nicht mehr viel zu tun haben. Auch den Händlern macht diese Rechtsunsicherheit zu schaffen. Denn sie müssen sich letztlich entscheiden, wie sie ein Fahrzeug bewerben oder ob sie ein Neuwagen- oder doch ein Gebrauchtwagenvertragsformular verwenden.

In diesem Artikel ist die BVfK-Rechtsabteilung um Aufklärung hinsichtlich des kaufrechtlichen Neuwagenbegriffs bemüht.

Um als neues Fahrzeug zu gelten, muss ein Fahrzeug unbedingt aus neuen Materialien zusammengesetzt und noch unbenutzt sein. Vor allem am Merkmal „unbenutzt“ entzündet sich oftmals Streit. Meint „unbenutzt“ ein Fahrzeug, das eine Laufleistung von 0 km hat? Wie verhält es sich, wenn das Fahrzeug zu Überführungszwecken mehrere Kilometer gefahren wurde?

Eine starre Kilometergrenze, ab der ein Fahrzeug zu einem Gebrauchtfahrzeug wird, gibt es nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass ein Fahrzeug zum Zwecke der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr gebraucht wurde, wenn es eine längere ungeklärte Fahrstrecke aufweist. Dies kann der Händler entkräften, wenn er etwa nachweist, dass die Fahrstrecke bei einer Überführung oder Erprobung des Fahrzeugs zurückgelegt wurde. Sofern also der Händler die Fahrtstrecke als nötige Vorbereitung der Auslieferung plausibel und nachvollziehbar erläutern kann, ist er auf relativ sicherer Seite. Den tatsächlichen Km-Stand in die Übernahmebestätigung unübersehbar aufzunehmen, stärkt seine Position zusätzlich. Geschützt werden soll der Käufer also vor ungeklärten Fahrstrecken größeren Ausmaßes. Bei 200 km ungeklärter Fahrstrecke hat der BGH in einem Einzelfall für den Käufer entschieden. Das Fahrzeug war daher als gebraucht einzustufen. In der Folge dürfte das Fahrzeug nicht mehr in der Kategorie der Neufahrzeuge angeboten werden. Der Händler hätte zudem die Möglichkeit, die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr zu reduzieren.

Soweit zur grundlegenden Unterscheidung zwischen Neu- und Gebrauchtwagen, die noch verständlich und nachvollziehbar daherkommt. Verwirrungsstiftend ist nun jedoch, dass im Kaufrecht zusätzlich zwischen einem neuen und - als Steigerung hierzu - einem fabrikneuen Fahrzeug zu unterscheiden ist. Diese Differenzierung ist von entscheidender Bedeutung. Hintergrund ist einmal mehr die Rechtsprechung des BGH. Von dort heißt es, dass ein Kunde, der einen Neuwagen bestellt, regelmäßig erwarten darf, nicht nur ein neues, sondern sogar ein fabrikneues Fahrzeug zu erhalten.

Was bedeutet aber fabrikneu? Welche Kriterien müssen neben den Merkmalen „unbenutzt“ und „aus neuen Materialien zusammengesetzt“ zusätzlich erfüllt sein? Hierzu hat der BGH relativ klare Vorstellungen. Ein neues Kfz ist nur dann auch fabrikneu,

• wenn und solange das Modell des Kfz unverändert weitergebaut wird,

• wenn es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist,

• wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als 12 Monate liegen, und

• wenn nach seiner Herstellung keine (erheblichen) Beschädigungen eingetreten sind, auch wenn sie vor Auslieferung an den Käufer nachgebessert wurden.

Das Fehlen einer dieser vier Kriterien, z. B. eine Standzeit von mehr als 12 Monaten, beseitigt die Fabrikneuheit insgesamt. Solange das Fahrzeug dennoch unbenutzt und aus neuen Materialien gefertigt ist, ist es aber auch nicht gebraucht.

Interessant für Händler ist in diesem Zusammenhang besonders die Frage, ob eine Tageszulassung die Eigenschaft fabrikneu unberührt lässt. Grundsätzlich ist dies möglich. Für diese Spezialfälle hat der BGH in einem Urteil aus dem Jahre 2005 jedoch noch strengere Voraussetzungen festgelegt. So soll ein Fahrzeug nur dann noch als fabrikneu anzusehen sein, sofern

• der Verkauf kurze Zeit nach der Erstzulassung erfolgt,

• die Erstzulassung sich nur auf wenige Tage beschränkt (im BGH-Urteil wurden fünf Tage als wenig eingestuft) und

• die Herstellergarantie um nicht mehr als zwei Wochen verkürzt wird.

Auch hier gilt: Der Wegfall nur eines dieser Kriterien führt zwar dazu, dass das Fahrzeug nicht mehr als fabrikneu gilt. Es wird dadurch jedoch nicht automatisch zu einem Gebrauchtwagen.

BVfK - Praxistipps

  1. Bestellt der Käufer einen Neuwagen, darf er ein fabrikneues Fahrzeug erwarten. Kontrollieren Sie also, ob alle genannten Kriterien der Fabrikneuheit bei dem Fahrzeug erfüllt sind. Bedenken Sie hierbei den Sonderfall, dass auch ein Fahrzeug mit einer Tageszulassung unter ganz bestimmten Voraussetzungen noch fabrikneu sein kann.

2. Fehlt dem Fahrzeug auch nur eine Voraussetzung der Fabrikneuheit, ist es aber dennoch „unbenutzt“ und „aus neuen Materialien zusammengesetzt“, so handelt es sich noch immer um ein Neufahrzeug, das auch in der entsprechenden Rubrik inseriert werden muss.

Vielen Händlern ist nicht klar, dass sie auf ein solches Fahrzeug zwei Jahre Gewährleistung geben müssen! Der Rückgriff auf ein Gebrauchtwagenvertragsformular verbietet sich also.

Bedenken Sie zudem, dass der Käufer im Neuwagenkaufvertrag darauf hingewiesen werden muss, dass er kein fabrikneues Fahrzeug erwirbt. Sonst dürfte ein nicht nachbesserungsfähiger Sachmangel vorliegen, der den Käufer zur Rückabwicklung berechtigt.

3. Ist ein Fahrzeug nicht mehr „unbenutzt“ nach dem erläuterten Maßstab, hat man es mit einem Gebrauchtwagen zu tun. Dann ist es auch zulässig, die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr zu reduzieren.

Stefan Obert

BVfK-Rechtsabteilung


Detaillierte Informationen erhalten betroffene BVfK-Mitglieder direkt bei der    rechtsabteilung@bvfk.de

Zur kostenlosen (im Mitgliedsbeitrag enthaltenen) Ersteinschätzung geht´s hier:

>>> Anfrage-Ersteinschätzung

Wichtige Links zu den Informationen und Leistungen der BVfK-Rechtsabteilung:

>>> BVfK-Vertragsformulare

>>> Erfassungsbogen-BVfK-Schiedsstelle

>>> Liste der BVfK-Vertragsanwälte

>>> FAQs-BVfK-Rechtsfragen

>>> BVfK-Verbraucherinformation-zum-Kaufrecht

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BVfK-Terminkalender:

22. - 23. März 2018 - 11. Deutscher Autorechtstag in Königswinter

5. - 6. Mai 2018 - 12. GROSSER BVfK-JAHRESKONGRESS / Rhein in Flammen

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