„Wir sorgen mit unseren positiven Bewertungen für Sie dafür, dass Ihr Autohaus im Ranking der Google-Suche wieder bessere Plätze belegt!“
Im weiteren Text werden die Händler mit einer kostenlosen und unverbindlichen Probebewertungen geködert, welche nach der Intention des Anbieters möglichst viele kostenpflichtige Folgeaufträge nach sich ziehen sollen.
Die Internetseite des Anbieters offenbart, dass dieser ausschließlich als Vermittler tätig sein will und sich der tatsächliche Firmensitz aufgrund potentieller rechtlicher Verstöße im Ausland befinde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Vielzahl der Ungereimtheiten und die nach erster rechtlicher Einschätzung vorliegenden Wettbewerbsverstöße veranlassen den BVfK dazu, umfangreiche Nachforschungen über derartige Geschäftsgebaren und die dahinter stehenden Unternehmen anzustellen und den Sumpf der offenen Fragen zu durchqueren. Über das Ergebnis der Ermittlungen werden wir zeitnah berichten und zwischenzeitlich die Strategie der Rechtsverfolgung festlegen.
Gleichzeitig möchte die BVfK-Rechtsabteilung gerne die Gelegenheit nutzen, zwei Aspekten in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit zu widmen: Der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit gekaufter Online-Bewertungen und den Möglichkeiten, Anbietern von „Fake-Bewertungen“ die Versendung derartiger Werbebotschaften zu untersagen.
Hinsichtlich Ersterem gilt es wie so oft, die Gesamtumstände im Einzelfall entsprechend zu würdigen. Äußerst kritisch zu sehen ist allerdings – und dies hat das LG München mit Urteil vom 18.03.2015 (Az. 37 O 19570/14) bestätigt - die Suggestion gegenüber dem Verbraucher, das weiter oben im Ranking platzierte Unternehmen verfüge auch über die besten realen Bewertungen. Hinzu kommt, dass gemäß § 5a Abs. 6 UWG unlauter handelt, „wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt“ und dies dazu geeignet ist, den Verbraucher zu einer von ihm nicht gewollten Entscheidung zu bewegen.
Daraus folgt die Unzulässigkeit solcher Bewertungen, die nicht im Wege eines objektiven Verfahrens abgegeben worden sind, jedenfalls, wenn dies nicht gesondert als Werbeanzeige gekennzeichnet wurde. Darüber hinaus lohnt ein Blick in die Richtlinien von Google, die positive Bewertungen unter Vortäuschung der Identität des Bewertenden ebenfalls untersagen. So kann es passieren, dass das teuer bezahlte Lob kurze Zeit später wieder verbannt wird. Dass von gekauften Bewertungen tunlichst Abstand genommen werden sollte, dürfte also auf der Hand liegen.
Und wie kann ich mich gegen die ungewollte Werbung wehren? Hier helfen sowohl § 7 UWG, als auch die §§ 823, 1004 BGB weiter und lösen Unterlassungsansprüche gegen den Absender ungewollter Werbung aus.
Zum einen ist von einer unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 7 UWG in den Fällen auszugehen, in denen die Identität des Absenders nicht eindeutig oder gar nicht erkennbar ist, wie es bei den uns bekannten E-Mails mitunter vorkam. Darüber hinaus stellt die Versendung unerwünschter E-Mails an einen Unternehmer in der Regel auch einen Eingriff in den Gewerbebetrieb dar, der weitreichende Unterlassungsansprüche auslöst.
Hinweis der BVfK-Rechtsabteilung
Bei Aufkommen eines Verdachts auf gefälschte Internetbewertungen sollte der Portalbetreiber hierauf aufmerksam gemacht werden, denn die meisten Richtlinien derjenigen Portalbetreiber, die Unternehmensbewertungen zulassen, sehen die Unzulässigkeit solcher Bewertungen vor.
Auch die Rechtslage hinsichtlich der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen dürfte eindeutig zu Gunsten der betroffenen Empfänger von Werbenachrichten sprechen. Diese sollten den Absender dringend darauf hinweisen, dass der Empfang weiterer Werbung nicht gewünscht ist, oder entsprechende Unterlassungsansprüche direkt geltend machen. Hierbei ist die BVfK-Rechtsabteilung selbstverständlich gerne behilflich.
Matthias Giebler
BVfK-Rechtsabteilung
Fabrikneu, neu oder gebraucht? - Der feine Unterschied
Die juristische Sprachregelung zum Neuwagenbegriff ist uneinheitlich. Es existieren mehrere nebeneinander gültige Definitionen, je nach Rechtsgebiet. So kann beispielsweise ein Fahrzeug, das aus steuerrechtlicher Sicht noch als Neufahrzeug gilt, kaufrechtlich längst ein Gebrauchtwagen sein. Wieder andere Voraussetzungen an die Neuwageneigenschaft stellt etwa die Pkw-EnVKV. Dies verunsichert nicht nur den Verbraucher, dem nur schwer zu vermitteln ist, dass die juristischen Definitionen mit dem allgemeinen Verständnis von einem Neufahrzeug manchmal nicht mehr viel zu tun haben. Auch den Händlern macht diese Rechtsunsicherheit zu schaffen. Denn sie müssen sich letztlich entscheiden, wie sie ein Fahrzeug bewerben oder ob sie ein Neuwagen- oder doch ein Gebrauchtwagenvertragsformular verwenden.
In diesem Artikel ist die BVfK-Rechtsabteilung um Aufklärung hinsichtlich des kaufrechtlichen Neuwagenbegriffs bemüht.
Um als neues Fahrzeug zu gelten, muss ein Fahrzeug unbedingt aus neuen Materialien zusammengesetzt und noch unbenutzt sein. Vor allem am Merkmal „unbenutzt“ entzündet sich oftmals Streit. Meint „unbenutzt“ ein Fahrzeug, das eine Laufleistung von 0 km hat? Wie verhält es sich, wenn das Fahrzeug zu Überführungszwecken mehrere Kilometer gefahren wurde?
Eine starre Kilometergrenze, ab der ein Fahrzeug zu einem Gebrauchtfahrzeug wird, gibt es nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass ein Fahrzeug zum Zwecke der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr gebraucht wurde, wenn es eine längere ungeklärte Fahrstrecke aufweist. Dies kann der Händler entkräften, wenn er etwa nachweist, dass die Fahrstrecke bei einer Überführung oder Erprobung des Fahrzeugs zurückgelegt wurde. Sofern also der Händler die Fahrtstrecke als nötige Vorbereitung der Auslieferung plausibel und nachvollziehbar erläutern kann, ist er auf relativ sicherer Seite. Den tatsächlichen Km-Stand in die Übernahmebestätigung unübersehbar aufzunehmen, stärkt seine Position zusätzlich. Geschützt werden soll der Käufer also vor ungeklärten Fahrstrecken größeren Ausmaßes. Bei 200 km ungeklärter Fahrstrecke hat der BGH in einem Einzelfall für den Käufer entschieden. Das Fahrzeug war daher als gebraucht einzustufen. In der Folge dürfte das Fahrzeug nicht mehr in der Kategorie der Neufahrzeuge angeboten werden. Der Händler hätte zudem die Möglichkeit, die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr zu reduzieren.
Soweit zur grundlegenden Unterscheidung zwischen Neu- und Gebrauchtwagen, die noch verständlich und nachvollziehbar daherkommt. Verwirrungsstiftend ist nun jedoch, dass im Kaufrecht zusätzlich zwischen einem neuen und - als Steigerung hierzu - einem fabrikneuen Fahrzeug zu unterscheiden ist. Diese Differenzierung ist von entscheidender Bedeutung. Hintergrund ist einmal mehr die Rechtsprechung des BGH. Von dort heißt es, dass ein Kunde, der einen Neuwagen bestellt, regelmäßig erwarten darf, nicht nur ein neues, sondern sogar ein fabrikneues Fahrzeug zu erhalten.
Was bedeutet aber fabrikneu? Welche Kriterien müssen neben den Merkmalen „unbenutzt“ und „aus neuen Materialien zusammengesetzt“ zusätzlich erfüllt sein? Hierzu hat der BGH relativ klare Vorstellungen. Ein neues Kfz ist nur dann auch fabrikneu,
• wenn und solange das Modell des Kfz unverändert weitergebaut wird,
• wenn es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist,
• wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als 12 Monate liegen, und
• wenn nach seiner Herstellung keine (erheblichen) Beschädigungen eingetreten sind, auch wenn sie vor Auslieferung an den Käufer nachgebessert wurden.
Das Fehlen einer dieser vier Kriterien, z. B. eine Standzeit von mehr als 12 Monaten, beseitigt die Fabrikneuheit insgesamt. Solange das Fahrzeug dennoch unbenutzt und aus neuen Materialien gefertigt ist, ist es aber auch nicht gebraucht.
Interessant für Händler ist in diesem Zusammenhang besonders die Frage, ob eine Tageszulassung die Eigenschaft fabrikneu unberührt lässt. Grundsätzlich ist dies möglich. Für diese Spezialfälle hat der BGH in einem Urteil aus dem Jahre 2005 jedoch noch strengere Voraussetzungen festgelegt. So soll ein Fahrzeug nur dann noch als fabrikneu anzusehen sein, sofern
• der Verkauf kurze Zeit nach der Erstzulassung erfolgt,
• die Erstzulassung sich nur auf wenige Tage beschränkt (im BGH-Urteil wurden fünf Tage als wenig eingestuft) und
• die Herstellergarantie um nicht mehr als zwei Wochen verkürzt wird.
Auch hier gilt: Der Wegfall nur eines dieser Kriterien führt zwar dazu, dass das Fahrzeug nicht mehr als fabrikneu gilt. Es wird dadurch jedoch nicht automatisch zu einem Gebrauchtwagen.
BVfK - Praxistipps
- Bestellt der Käufer einen Neuwagen, darf er ein fabrikneues Fahrzeug erwarten. Kontrollieren Sie also, ob alle genannten Kriterien der Fabrikneuheit bei dem Fahrzeug erfüllt sind. Bedenken Sie hierbei den Sonderfall, dass auch ein Fahrzeug mit einer Tageszulassung unter ganz bestimmten Voraussetzungen noch fabrikneu sein kann.
2. Fehlt dem Fahrzeug auch nur eine Voraussetzung der Fabrikneuheit, ist es aber dennoch „unbenutzt“ und „aus neuen Materialien zusammengesetzt“, so handelt es sich noch immer um ein Neufahrzeug, das auch in der entsprechenden Rubrik inseriert werden muss.
Vielen Händlern ist nicht klar, dass sie auf ein solches Fahrzeug zwei Jahre Gewährleistung geben müssen! Der Rückgriff auf ein Gebrauchtwagenvertragsformular verbietet sich also.
Bedenken Sie zudem, dass der Käufer im Neuwagenkaufvertrag darauf hingewiesen werden muss, dass er kein fabrikneues Fahrzeug erwirbt. Sonst dürfte ein nicht nachbesserungsfähiger Sachmangel vorliegen, der den Käufer zur Rückabwicklung berechtigt.
3. Ist ein Fahrzeug nicht mehr „unbenutzt“ nach dem erläuterten Maßstab, hat man es mit einem Gebrauchtwagen zu tun. Dann ist es auch zulässig, die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr zu reduzieren.
Stefan Obert
BVfK-Rechtsabteilung
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